Bürgerengagement

Photovoltaik-Richtlinie nicht bestätigt

Die Diskussion zum Thema neue Photovoltaikanlagen im Gebiet Pritzwalks und seiner Ortsteile läuft seit mehr als zwei Jahren. Die große Politik drängelt beim Thema, vielerorts stehen die Investoren Schlange. Ob es allen dabei wirklich um Energiewende und alternative Energieerzeugung geht darf stark bezweifelt werden. Oft geht es einfach nur um wirtschaftliche Vorteile. Bei der Errichtung von Windrädern hat da unsere Bevölkerung bereits jede Illusionen verloren.

Die Pritzwalker Verwaltung und das Stadtparlament wollten deshalb in aller Ruhe eine Richtlinie erarbeiten, die die Rahmenbedingungen für die Zulassung von größeren Solar-Anlagen regeln soll. Die Arbeiten zogen sich in die Länge. Ein externes Planungsbüro wurde mit der Erarbeitung beauftragt. Einige Zwischeninformationen zum Stand wurden öffentlich präsentiert. Dabei galt es die Interessen der Bundes- und Landespolitik, der Investoren und der betroffenen Einwohner zu berücksichtigen. Das schien anfangs auch gelungen. Je mehr Details aber bekannt wurden, um so strittiger waren die Vorfestlegungen. Am Mittwoch sollte nun in der SVV die Endfassung beschlossen werden.

Die Bürgerproteste wuchsen. Besonders aktiv war man in und um Bölzke. Hier war man schon in der Vergangenheit durch allzu viele Windkraftanlagen arg gebeutelt worden. So waren, wie schon in den Fachausschüssen zuvor, auch an diesem Tage zahlreiche betroffene Bewohner auf der Sitzung anwesend. Und sie brachten sich ein! So soll es sein in einer Demokratie! Ein Unterstützer hatte ein schönes Bild eines „Ferkeltaxe“ genannten Regionalzuges mitgebracht, welcher durch die schöne Prignitzer Landschaft fährt. Das würde nicht mehr zu sehen sein, wenn die laut Richtlinienentwurf vorgesehene Bebauung der Flächen mehrere Hundert Meter links und rechts der Bahnlinie erlaubt sein würde. Die historisch-kulturelle Ausstrahlung der kleinen regionalen Bahnstrecken wäre erledigt. Photovoltaik an den großen, überregionalen Bahnlinien – darüber kann und muß man reden.

Es muß jedem klar sein, daß es sich bei solchen neuen Anlagen im Einzelfall um eine Fläche von bis zu 35 Hektar handeln könnte. Wertvolle Landwirtschaftsböden über 25 Bodenpunkten blieben laut Richtlinienentwurf außenvor. Ein Mindestabstand zu Ortslagen und anderen Anlagen soll vorgeschrieben sein. Die einzelnen Festlegungen und die Berücksichtigung kulturell und touristisch gewachsener Bereiche stehen weiterhin stark in der Diskussion.

Von den Bürgern, insbesondere Frau Nilchian aus Bölzke, wurde zudem vorgebracht, dass etwa Wittstock nur ca 1,5% seiner Stadtfläche für Photovoltaik zulasse, während Pritzwalk nach vorgelegter Richtlinie gleich 6,7% vorsehe. Dafür bestehe kein Zwang, allein der Druck von finanzkräftigen Investoren. In diesem Zusammenhang ergeben sich auch Fragen zur Rolle des beauftragten Planungsbüros. Ihm wird eine gewisse Nähe zur Photovoltaik-Lobby nachgesagt. Einig waren sich am Rande viele Entscheider, dass dieses Büro keinesfalls bei der Bewertung der einzelnen Photovoltaik-Vorhaben dabei sein könne. Darüber wird dann zu reden sein, wenn die Richtlinie von den Stadtverordneten bestätigt sein wird. Das gelang diesmal nicht.

Abgeordnete verschiedener Herkunft fanden kritische Worte zur Vorlage. Zuvor hatte schon Jean Boue in der Einwohnerfragestunde angemerkt, dass man mit der jetzt vorgesehen Flächenbereitstellung für die Sonnenenergie offensichtlich „Schienen baue für Züge, die es noch gar nicht gebe.“ Er bezog sich dabei auf die oft stillstehenden Windräder – nicht weil sie defekt seien – sondern weil man die erzeugten Strommengen überhaupt nicht abtransportieren könne. Und jetzt käme noch jede Menge an Solarstrom hinzu. Berechtigter Einwand! Die Leitungen in die stromverbrauchenden Regionen existieren überhaupt nicht. Von relevanten Neubauten hört man bislang wenig.

In einer Verhandlungspause rief der Bürgermeister die Abgeordneten zu einer nichtöffentlichen Beratung zusammen. Doch sein Beschlussvorschlag hatte kaum eine Chance, das wurde schnell klar. Zu dieser Zeit zeigten sich viele der gut 30 Zuschauer reichlich unzufrieden über die Art wie hier mit Bürgermeinungen und deren Interessen umgegangen werde.

Nach der Unterbrechung erklärte Dr. Thiel, daß er seinen Antrag zurückziehe und eine Neuberatung in den zuständigen Ausschüssen der SVV erfolgen solle. Das war wohl auch vernünftig. Jetzt wird die neue Vorlage frühestens im nächsten Stadtparlament beraten. Es tagt voraussichtlich im Februar 2023. Eine verbindliche Regelung, die einen Wildwuchs an mit Solarpaneelen zugepflasterten Großflächen verhindert ist absolut notwendig. Die Entscheidung über jedes einzelne Vorhaben obliegt dann sowie den Stadtverordneten. Trauriger Nebeneffekt der Verzögerung: Auch einige mittelgroße Investoren direkt hier aus der Region müssen weiter warten.

Hartmut Winkelmann


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