Das Thema

Einsam zu zweit oder Ich bin raus


Ich bin draußen …

Wenn ich in einem Café oder Restaurant sitze, beobachte ich bisweilen gerne die Menschen um mich herum. Ich betrachte, wie sie hetzen, rennen, schlendern, verweilen und wie sie sich einander zu- oder abwenden. Und natürlich beobachte ich Paare.

Wenige von denen, die ich sehe, sind einander offen zugetan und zugewandt. Die meisten Paare – und dabei spielt es ganz und gar keine Rolle, wie alt diese Menschen sind – gehören ganz offensichtlich zueinander. Doch ihre Körpersprache spricht von Gleichgültigkeit, Desinteresse, Gewohnheit. Ihre Münder schweigen oft, sprechen fast nur das zwingend notwendige und ihre Augen sind stumpf. Ich denke mir dann gerne Phantasiegeschichten zu den Paaren aus, um mir amüsant zu erklären, wie es dazu kommen konnte, dass diese zwei hier nebeneinander sitzen und dennoch Äonen voneinander entfernt sind. Nichts davon erhebt den Anspruch auf absolute Wahrheit, es sind einfach nur meine Eindrücke. Natürlich ist mir klar – ich war ja auch in einer längeren Beziehung – dass der Alltag vieles frisst. Man ist so aufeinander eingespielt, dass man einfach weiß, was der andere will oder nicht. Man hat über alles tausend mal gesprochen. Hauptthemen sind die Kinder, der Alltag, der Einkauf, die Familie und die Arbeit. Doch vieles ist schweigen. Nebeneinander existieren, in Gewohnheit leben, in der gegenseitigen finanziellen und sozialen Sicherheit. …. In sehr geordneten Bahnen und Verhältnissen.

Aber etwas fehlt, dieser kleine Funken Leben. Der, der berauscht, der uns fühlen lässt, wie das Leben in uns selber und unserem Gegenüber pulsiert. Und genau das sehe ich nicht in so vielen Augen von Paaren.

Jeder ist für sich selber und doch ist man nicht alleine.

Und genau da liegt das Problem. Diese Angst vor dem „Alleinsein“. Die Angst, im Alter niemanden zu haben. Mit allem alleine fertig werden zu müssen … irrational und eigentlich völlig wahnsinnig, denn unzählige Menschen sind in einer Partnerschaft wesentlich einsamer, als sie es als Single wären.

Dann und genau dann muss ich lächeln. Denn ich war dort, einsam zu zweit. Da will ich nicht mehr hin. Heute weiß ich: ich hab auch damals schon alles alleine geregelt und Verantwortung übernommen . Nur habe ich mich damals selber weder objektiv noch fair selber beurteilt.

Der Schritt als Single zufrieden und glücklich zu leben, war der schwerste meines Lebens, doch ich bedauere das keinen Moment. Nun tue ich, was immer ich will, mit wem ich will, wann und wo ich es will. Verpflichtungen wähle ich oder lehne sie ab. Kommunikation mit den Menschen ist mir ein essenzielles Bedürfnis, welches ich gerne pflege. Ich bedauere keinen Moment, alleine zu leben, denn das ist meine Wahl und ich verwechsele alleine sein nicht mit Einsamkeit. Denn ich habe heute mehr „Leben“ in meinem Leben, als je zuvor.

Nicht, dass wir uns falsch verstehen, ich verurteile niemanden, der den anderen Weg wählt. Aber ich bin dankbar, den Mut gehabt zu haben, einen anderen Weg gegangen zu sein.

Ich bin draußen aus der Erwartungshaltung nur dann „komplett“ zu sein, wenn ich verpartnert bin. Ich kann tun, was immer ich will … draußen ist es wirklich nicht schlecht. Aber das ist es vielleicht nur, weil es meine Wahl ist und mir das „Alleinsein“ nicht aufgezwungen ist …

Andrea Petrick


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