Arbeit und Soziales

Der homo neoliberalis

Ja, höre ich ja immer wieder: mit den Deutschen kann man es machen, die sitzen nur noch auf dem Sofa und warten auf Befehle.

Ja, kann einem so vorkommen.

Doch hilft es keinem, nur solche Feststellungen zu machen, ohne sich die Frage zu stellen: warum ist das eigentlich so.

Warum kann man es mit ihnen machen? Warum sind die so grenzdebil unselbstständig geworden, so perfekt devot, unterwürfig bis zur Selbstaufgabe.

Die Antwort darauf ist gar nicht so schwer zu finden, Frank Schirrmacher hat sie in seinem Buch „Ego“ umfangreich beschrieben, diese beispiellose Umerziehung des Menschen zu einer egomanen Bestie, eine Umerziehung durch sektiererisch-religiöse marktradikale Kräfte, die so harmlos „Neoliberalismus“ genannt werden, obwohl es sich dabei um eine Tyrannei der Ökonomie und eine Diktatur des Profites handelt.

Man kann es auch klarer ausdrücken:

„Wenn also bedenkenlose Habgier nur das Privileg einer Minderheit zu sein scheint, so tut natürlich andererseits die permanente Aufforderung, jeden Kollegen als feindlichen Konkurrenten, jeden Schwächeren als willkommenes Opfer, jeden Nichtkarrieristen als Loser und Drückeberger, jeden Humanisten als Bolschewisten, jeden Arbeislosen als Wohlstandsmüll, jeden Arbeitnehmer als Humankapital, jeden Steuerpfenning als staatlichen Raubzug und jede Sozialleistung als sentimentale Verschwendung zu sehen, natürlich seine Wirkung“ (Thomas Wieczorek, Die verblödete Republik, Knaur, 2009, Seite 132).

Es ist diese maximierte Asozialität, die Kultivierung von Raubgesindel, die Vollendung der gesellschaftlichen Verrohung, die zu perversen Auswüchsen der Unmenschlichkeit führt, zu einer Vergewaltigung all dessen, was Menschen eigentlich ausmacht – heute oft mühsam übertüncht von willkürlich als „gut“ definierten, aber meist inhaltslosen und undurchdachten Parolen zu den Themen Klima, Zuwanderung, Impfung, Russland und was die politische Mode sonst noch so als gerade angemessen empfindet und dabei den „Anderen“ nur noch als Untermensch begreifen kann – wobei man eigentlich nur das eigene Wesen in die Welt hinaus projeziert.

Ein solches menschlich degeneriertes Pack wählt auch immer so, dass sich nichts ändert – und drischt wild auf die ´68er ein, ohne die wir immer nur noch Wohnungen mit Trauschein bekommen würden – was wirklich niemand mehr will.

Dort wäre also anzusetzen, um Änderungen herbeizuführen: das gnadenlose Spiegeln der Verdorbenheit, das klare Bekenntnis zu Solidarität, Vernunft und Menschenliebe – was dem menschlichen Wesen viel angemessener ist. Ohne diese Werte würden wir immer noch auf Bäumen hocken und warten, bis der Säbelzahntiger sich an was anderem sattgefressen hat.

Ohne diese Werte werden wir aber auch bald wieder auf Bäumen landen, denn Wirtschaft, Handel, Gemeinwesen funktionieren nur mit einem hohen Maß an Ethik, Mut und Vertrauen – mit dem Verhaltenskodex einer Räuberbande kann man halt nur eine parasitäre Existenz führen, die nicht in der Lage ist, was aufzubauen, Zukunft zu gestalten oder Überleben zu sichern, geschweige denn eine stabile Gemeinschaft zu gründen.

Aber wem sage ich das: schon eine kleine Krise reicht, die Raubexistenzen an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit zu bringen: das erleben wir derzeit, wo „der Markt“ immer noch Rekordspritpreise kassiert, obwohl die Einkaufspreise wieder auf normal zurückgefallen sind.

Der „homo neoliberalis“ stiehlt halt, wo er kann – und von wem er kann. Und wenn wir ihn nicht aufhalten, zerstört er die ganze Welt.

Oder?

Und es ist gerade dieses Klima, dass die konstruktiven Elemente auf der Couch läßt, weil draußen nur noch Räuberbanden lauern – und die die Räuber am gleichen Ort fesselt, weil sie keine Option für Alternativen haben und nur von dem leben können, was andere erschaffen … was in Krisenzeiten viel Angst macht.

Oder?

Andrea Petrick

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