Familie

Weihnachten geraderüber


Weihnachtsmorgen. Mutter Natur hat es diesmal rechtzeitig geschafft weißen Puderzucker über die Landschaft zu streuen. Ich liege noch im Bett, schön warm eingekuschelt. Mein Blick schweift aus dem Fenster. Finster ist es draußen. Im Wohnblock geraderueber bleibt die Front der vielen kleinen Fensternischen heute morgen auffallend dunkel. Um diese Zeit leuchten sie eigentlich schon früh in einem festen Rhythmus nacheinander auf. Man geht zur Arbeit, der eine früher, die andere später, die Kinder müssen zur Schule oder in die Kita. Der Herzschlag des Alltags eben.

Aber heute ist ja Weihnachten. Die Fensterfront bleibt dunkel. Meine Fantasie geht auf Wanderschaft. Was mag dort bei den Nachbarn los, oder eben auch nicht los sein? Es wohnen viele junge Menschen in jenem Block. Dort rechts oben lebt jemand, der jeden Tag sehr früh raus muß. Heute schläft er wohl mal so richtig aus. Hat er verdient. Oder daneben, das junge Pärchen: Da gibt’s sicher gute Gründe im Bett zu bleiben, auch wenn man zu zweit gar nicht mehr müde ist. Genauso bei der hübschen jungen Frau nebenan. Sie ist erst vor kurzem hierher gezogen. Gestern kam ihr Freund zu Besuch… Bin gespannt, sagt meine unanständige Fantasie, ob es in neun Monaten, so Ende September, Anfang Oktober neue kleine Bewohner dort drüben gibt. Na jedenfalls Gutes Gelingen!

Eine meiner Miezekatzen kuschelt sich an mich. Ach ja!

Es kann aber auch sein, daß hinter einigen der dunklen Fenster gar niemand anwesend ist. Vielleicht besuchen die jungen Leute diesmal ihre Eltern über Weihnachten. Dann liegen sie – wer weiß wo – auch fein eingemummelt im Bett und denken an den tollen Festbraten von gestern abend, den Mama wieder so köstlich gezaubert hat. Das kann nur sie! Ein wenig zu viel haben sie davon gegessen. Sie hat sich so sehr darüber gefreut. Der Bauch grummelt immer noch genüsslich, während Mutter schon wieder auf den Beinen ist und mit einem üppigen Frühstück die nächste Schlemmerei vorbereitet. Der Sohn denkt: Ob Mama meine neue Freundin gefällt? Das wäre schön. Gestern Abend haben sie sich jedenfalls ganz toll unterhalten. Er schließt nochmal die Augen und hört auf die Schlafgeraeusche der Frau neben ihm.

Ein Fenster dort drüben ist dunkel, weil die Bewohnerin im Krankenhaus liegt. Es geht ihr nicht gut. Auch das ist Weihnachten. Gute Besserung! In der einen Wohnung war auch heute ganz früh Licht, wie fast an jedem Morgen. Da wohnt die Krankenschwester. Sie ging zur Arbeit, trotz Festtag. Beifall bekommt sie dafür, Geld weniger.

Nur bei Erwin im Erdgeschoß gibt’s auch jetzt noch Licht. Er kratzt mit der Schneeschaufel seit einer halben Stunde über den Gehweg. Er freut sich nicht aufs gemeinsame Frühstück mit seiner Frau. Sie reden schon seit vielen Monaten kaum noch miteinander. Irgendwann nimmt Erwin mal die schwere metallene Schneeschaufel mit in die Wohnung…

Und hinter einem der noch nicht erleuchteten Fenster liegt sicherlich auch einer, eingekuschelt in seine Bettdecke, vielleicht mit Katze an der Seite, und lässt seine Fantasie fliegen hinüber zu den dunklen Fensterboegen in unserem Haus…

Frohe Weihnachten!

Hartmut Winkelmann

#katzedilara #hartmutunddilara

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